Khiva Seidenwerkstätten
Seriekultur (Seidenraupenzucht) wird seit 4500 Jahren betrieben und heute ist Usbekistan weltweit der drittgrößte Produzent von Seide (nach China und Indien). Jedes Jahr im Frühling bekommen die Kollektivbauern eine bestimmte Menge and frisch geschlüpften Raupen, die 2-3 mm lang sind. Jeder Haushalt erhält eine bestimmte Menge Raupen, die dann im eigenen Wohnzimmer gehalten werden, um sie warm und vor Feinden geschützt zu halten. Zu Anfang ist es recht einfach, die Raupen zu versorgen. Sie fressen nicht sehr viel und können nur frisch geschnittene Maulbeerfeigenblätter fressen. Aber sie werden von 2-3mm bis zu 12cm Länge wachsen und während ihres fünfwöchigen Zyklus zehntausend Mal schwerer werden!
Die Seidenraupen nehmen schnell zu an Größe und die Anzahl, die bisher ein Wohnzimmer gefüllt hat, füllt nun noch zwei weitere Zimmer. Die Raupen innen zu halten hat den Vorteil, dass die Luftfeuchtigkeit hier höher ist und die Blätter vom Austrocknen bewahrt werden.
Die Raupen können nun ganze Maulbeerfeigenblätter direkt vom Ast fressen. Nach jeder Häutung werden die Kiefer der Raupen stärker. Das Geräusch, das die Raupen beim Fressen machen ist ungefähr wie Reis Krispies in Milch; sie sind wirkliche Fressmaschinen!
Es ist nicht einfach, die Raupen gut gefüttert zu halten und erfordert, dass die Dorfbewohner von vor Sonnenaufgang bis nach Sonnenuntergang arbeiten, um die Raupen täglich fünfmal zu füttern. Im Frühling sieht man überall in Khorezm wie Dorfbewohner Äste von Maulbeerfeigenbäumen schneiden, um ihre Raupen zu füttern.
Maulbeerfeigenbäume, die speziell für die Seidenraupenzucht verwendet werden, haben eine ganz spezielle Form mit einem dicken Stamm und langen dünnen Ästen, die jedes Jahr zurück geschnitten werden, um die Raupen mit Futter zu versorgen. Im Gegensatz zu den schönen alten Maulbeerfeigenbäumen, die am Labi Hauz in Bukhara stehen, werden diese Bäume nur ungefähr siebzig Jahre alt aufgrund des radikalen Zurückschneidens.
Die Raupen entlauben schnell jeden Ast der Maulbeerfeigen. Aber ungefähr sechs Tage nach ihrer letzten Häutung hören die Seidenraupen auf zu fressen und ruhen für eine Woche, in der sie sich für die bevorstehende Spinnaktion vorbereiten. In der Zwischenzeit müssen die erschöpften Dorfbewohner in die Wüste gehen, um dort dürres Geäst von Büschen zu sammeln, das ideal für die Raupen ist, um darin ihren Kokon zu spinnen. Die Äste werden auf die Tische gelegt, auf denen die Raupen sich befinden. Diese suchen sich eine gute Stelle im Geäst und spinnen ihren Kokon, dabei arbeiten sie von außen nach innen.
Die Kokons variieren in Form und Größe. Ein kühler Frühling bringt längere und dünnere Kokons hervor, während ein heißer Frühling kurze und dickere produziert. Die Form hat jedoch keine Auswirkung auf die Qualität der Seide. Eine gesunde, gut gefütterte Raupe kann einen Kokon produzieren, der bis zu 1 km Seidenfaden ergibt.
Die Motten schlüpfen nach ungefähr zwei Wochen aus dem Kokon. Bevor dies jedoch passiert, wird die Mehrzahl der Puppen mit heißer Luft oder Dampf getötet. Ein paar wenigen wird erlaubt, zu schlüpfen (wobei sie den Kokon zerstören), um Eier für das nächste Jahr zu produzieren.
Die Kokons werden in heißes Wasser gegeben, um sie aufzulösen. Eine Legende erzählt, dass die Gelbe Kaiserin von China eine Tasse Grünen Tee in ihrem Garten trank, als ein Seidenkokon von einem Maulbeerfeigenbaum in ihre Tasse fiel. Als sie versuchte, den Kokon aus ihrer Tasse zu fischen, löste dieser sich auf und das Geheimnis der Seide war entdeckt. Die sich entwirrende Seidenfaser wird in eine Spindel eingehängt und zusammen mit acht bis zehn weiteren Kokons zu einem Seidenfaden versponnen.